Montag, 30. August 2010

Der Berg...

Mein Plan alle in Grund und Boden zu fahren erhielt beim passieren der 18% Prozent Steigungstafel einen herben Dämpfer. Hier sei mir gleich ein kleiner Einschub erlaubt. Die Schweiz müsste gar nicht langweilig sein. Wäre ich an dieser Tafel in den USA vorbei gefahren, so wäre nicht dieses nüchterne Täfelchen verschüchtert am Wegesrand gestanden, sondern ein von Selbstvertrauen strotzendes Banner (am besten gleich über die ganze Strasse, inklusive Souvenirshop) mit der Aufschrift Hell’s Gate oder Path of Evil, Death Man’s Call und so weiter. Auch wäre ich nicht bloss einem kümmerlichen Täfelchen begegnet, sondern einer ganzen Heerschar. Da wären drei gewesen, die mich darüber aufgeklärt hätten, was ich in Kürze meinem Herzen antue, welche Auswirkungen dies auf mich und zukünftige Generationen haben wird, eine weitere welche psychischen und mentalen Auswirkung das Befahren steiler Strassen auf mich und mein Umfeld hat und da wäre ausserdem meine Lieblingstafel gewesen, nämlich die eines Anwaltes, der mir helfen würde, den Veranstalter eines solchen Anlasses zu verklagen!
 
Tja, nichts von alledem, ich fuhr vorbei und vorbei waren auch meine Träume, die Bilder der triumphalen Fahrt über die Ziellinie, das Geschrei der jubelnden Menge, nichts war mehr da, die Synapsen waren gekappt, es wurde schwarz. Kein vorgängiges Flimmern, nur schwarz. Das wars, dachte ich, eine Steigung wie diese überlebt man nicht, hätte ich wissen sollen und wollte dem Tod nicht weitere Scherereien bereiten, legte mich, nein, liess mich ins Grass fallen, in der Hoffnung, das jemand, der sich Kooperativ zeigt, den Film seines Lebens (wie man immer wieder hört von den dem Tode entronnenen) in besonders bunten Farben gezeigt bekommen würde. Nichts da, es blieb schwarz. Nun, so wollte ich nicht gehen. Mein Wille wurde stärker als die Ohnmacht und ich sass wieder auf dem Fahrrad. Es ging… es ging bergauf, zuerst, dann wieder nicht, wieder etwas… und wieder nicht. Ein Ping Pong Bällchen in der Vertikalen, es wäre Nacht geworden und ich vergessen gegangen, ich wäre zum Perpetuum Mobile verkommen, da hörte ich Pling (nicht etwa Ping), dachte mir nichts, hüpfte weiter vor und zurück, Pling, schon wieder, dann: Pling, Pling, Pling… Hatte man mich nicht vor Karbon gewarnt? Man hatte. Ungläubig starrte ich auf die Fasern, die sich mit weiteren leisen plings von sich lösten, sich kräuselten und mit einem Schweif, der dem Stern zu Bethlehem zu Ehren gereicht hätte, zu Boden gingen. Da stand ich nun mit Pedalen an den Füssen und Lenker in der Hand, die Schuhe wurde ich los, nicht aber die Pedalen von den Schuhen, den Lenker behielt ich und lief, lief viel schneller als ich fuhr, überholte einige Mitstreiter…
 
Wieder klopfte mir Frank auf die Backe, ich heisse…, das weißt du doch Frank und wo ich wohne weißt du…
 
Ein pieks im Armgelenk, wer bitte schön ist denn das? Zugegeben, hässlich war sie nicht, aber mich so zu piesacken? Meine Güte hatte sie eine süsse Stimme, eine Stimme einer Krankenschwester, dachte…
 
Wie ich mich fühle? Na prächtig! Ich bin drauf und dran ein Rennen zu gewinnen. Doofe Frage, doofer Typ. Wo ist den das hübsche Häschen von vorhin…
 
Ich bin unzufrieden. Die einfachsten Fragen verursachen Stirnrunzeln und tuscheln. Jetzt stehen sie zu zehnt um mich. Ich frage nochmals: Wer hat das Rennen gewonnen? Ist denn das so schwierig zu beantworten?...


Gregi La Pedale

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