Donnerstag, 2. September 2010

Erlebnisbericht Alpenbrevet 2010

Tage, Wochen und Monate sind seit der Anmeldung verstrichen und die ehrgeizigen Trainingsziele gingen Bach ab wie diesen Sommer. Nicht einmal die Verschüttung der Grimselpassstrasse war den Organisatoren ein Hindernis, das Alpenbrevet abzusagen. Auch Thomas Bucheli sagte schöneres Wetter voraus. Es gab also keine akzeptierbaren Ausreden mehr – da muss ich nun durch.

Tagwach um 3.40 Uhr, Abfahrt mit Igi’s Teambus und Ankuft bei sternenklarer Nacht in Meiringen: Stimmung sehr gut – das Alpenbrevet rocken wir. Metallica wärmt uns während dem Umziehen auf: Soll ich nun 1 oder 2 paar Socken anziehen? Was hat Igor angezogen? Fragen über Fragen.

Bei der Startnummerausgabe erster Kontakt mit Energy Drinks – igitt – und das nun den ganzen Tag gemischt mit Power-Gel – ist dies nun doch noch ein guter Grund um umzukehren?

Nur noch wenige Minuten zum Start – der Speaker verspricht noch besserers Wetter als Thomas Bucheli. Die Freude ist gross. 3, 2, 1 Start. Im grossen Tatzelwurm geht’s den Susten hoch und bereits verfolgen uns erste Regentropfen. Die Passhöhe erreicht. Energy Drinks, Powerriegel, Power Gel sollen mich auf den nächsten Pass hochbringen, doch mein Magen ist um 09.00 Uhr in der Früh noch nicht auf solche Sachen eingestellt – aber er akzeptiert. Die Abfahrt im Regen stimmt uns definitiv auf die folgende (Tor)tour ein. Es folgt der erste bange Moment: Spüre ich bereits einen Krampf im rechten Bein? Und der Wechsel zum Aufstieg bringt erste Müdigkeitskrisen. Doch langsam beginnt das Powerzeugs zu wirken. Der Zug beginnt zu rollen. Die Schöllenen vergeht wie im Flug und nur die Pflasterstrasse und der Gegenwind kurz vor dem Hospiz Gottardo laden zum (Ver)fluchen ein.

Immerhin ist uns der Süden mit dem Wetter wohlgesinnt. Perfekte Verhältnisse nach Airolo und Biasca. Der Lukmanier empfängt uns wieder mit Regen und starken Windböen. Endlich mal was Rechtes zwischen die Zähne. Die Bouillon und Brot und Käse stärken. Schlotternd im Tal angekommen – ist ja nichts Neues. Den Aushang mit den Cremeschnitten lässt mich von einem gemütlicheren Leben träumen und bald hätte ich den Aufstieg zum Oberalp verschlafen, wären nicht Sponser Powergels mit Koffein mit mir auf der Tour. Aber wo bleiben auf der Passhöhe das Schnitzel mit Pommes Frites und ein kühles Bier? Der Geist beginnt abzudriften.

Die gute Nachricht vom Tag: Es sind nur noch 1300 Höhenmeter bis zum Susten und die Beine funktionieren noch. Aber dieser Aufstieg ist lang und erst 200 Höhenmeter vor der Passhöhe wird die Strasse zum ersten Mal für 5 Meter flach. Aber die guten Seelen am Verpflegungsposten wissen uns für die Abfahrt zu motivieren. Mit allen Schutzengeln beten wir uns nach Innertkirchen hinunter. Die Abfahrt ist saukalt, es regnet in Strömen, der Nebel verhindert die Sicht, die Sonnenbrille (war wohl zu optimistisch) ist angelaufen und die Dämmerung beginnt.

Im Tal und kurz vor dem Ziel – die Euphorie fehlt. Die menschlichen Grundbedürfnisse nach trockenen Kleidern und Wärme nehmen überhand. Das Ziel zum Greifen nah. Der letzte Aufstieg, die letzte Abfahrt. Erschöpft, schlotternd im Ziel – die Bouillon verschüttet. Die Pasta lustlos verdrückt. Erst das Sauna-Auto und trockene Kleider bringt „Stimmung“ auf. Und langsam erwacht der Geist und realisiert, was wir soeben geleistet haben.

Ein grosser Dank an Igi mit seinem wärmenden Teambus!

Dave

1 Kommentar:

  1. wirklich ergreifend geschriebener Tatsachenbericht! Ein grosses Bravo an alle helden der (tor-)tour!
    mischel

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